Babys weinen bereits in der Muttersprache. Was für eine spannende Erkenntnis über das kindliche Hörsystem, oder? Beginnen wir von vorne.
Die fetale Umgebung ist mit einer Vielzahl von Geräuschen gefüllt. Unter den vielfältigen Klängen des mütterlichen Atmungs-, Magen-Darm- und Herz-Kreislauf-Systems werden die Eigenschaften der mütterlichen Sprache vom Ungeborenen gut wahrgenommen, dessen Hörsystem bereits während des letzten Trimesters der Schwangerschaft funktioniert. Es wurde festgestellt, dass diese Intonation (melodische Merkmale), die die Besonderheit der Muttersprache widerspiegeln, das vokale Lernen prägen. Nachdem sie reichlich Gelegenheit hatten, sich mit der Sprache ihrer Mutter im Mutterleib vertraut zu machen, wurde festgestellt, dass Neugeborene herausragende sprachspezifische Elemente in ihren eigenen Schreimelodien aufweisen. Französische Babys werden von leise zu laut, während Deutsche hoch und laut beginnen und tiefer und leiser enden (Prochnow et al., 2019; Mampew et al., 2009).
Die Sprache der Babys ist Weinen - sie wollen uns damit etwas mitteilen. Wenn Babys weinen, sind wir Eltern dazu da, auf unser Kind einzugehen und es nicht zu ignorieren.
Auch interessant ist: Babys bevorzugen die Stimme ihrer Mutter gegenüber allen anderen Stimmen und können über die verschiedenen Tonhöhen schon ihre Gefühle identifizieren und unterscheiden („motherese“ = „Mutterisch“).
Das macht wieder so deutlich: Die Verbindung zwischen Eltern und Kind beginnt nicht erst nach der Geburt, sondern bereits im Mutterleib.
Prochnow, A., Erlandsson, S., Hesse, V., & Wermke, K. (2019). Does a ‘musical’mother tongue influence cry melodies? A comparative study of Swedish and German newborns. Musicae Scientiae, 23(2), 143-156.
Mampew, B., Friederici, A. D., Christophe, A., & Wermke, K. (2009). Newborns‘ cry melody is shaped by their native language. Current biology : CB, 19(23)